Schlagwort-Archive: Dracabas

Morgel und das Geheimnis des Töpfersjungen (Teil 13 der Morgelgeschichten)

Morgelgeschichte 13 - Morgel und das Geheimnis des Töpfersjungen

Im Gedenken an:

Kunstmaler Michael Thiem,
einen guten Freund, von dem ich viel gelernt habe.
Ebenso an die legendären Abende im U-Boot.
(*1938 – †2023).

Autor: Jens K. Carl,
Illustrator: Jens K. Carl
.

Morgel und das Geheimnis des Töpfersjungen

Allsonntäglich um die Mittagszeit finden sich zahlreiche Tierkinder in der Stube des Waldkoboldes Morgel ein, um gespannt einer seiner faszinierenden Geschichten zu lauschen. In der langen Zeit seiner Regentschaft als Fürst des Waldes hat der Kobold eine Menge erlebt und weiß viel darüber zu berichten. Mal etwas Lustiges, mal etwas Trauriges, mal etwas Freundliches oder auch mal etwas Gruseliges.

Heute hat er sich dazu entschlossen, den Tierkindern vom Geheimnis des kleinen Töpfersjungen, namens Johannes, zu erzählen.

Aufmerksam hören das Rehkitz, der Hundewelpe Paschinka, die Eichhörnchengeschwister Tammy und Yammy, die Frischlinge Molli, Ben und Ken, das Wiesel Enno, das Alpakafohlen Gian und der Bär Dinco zu. Allesamt haben es sich rund um das große Himmelbett bequem gemacht und spitzen gespannt ihre Ohren. Auch Keiler Karlo und der Lehrer Dachs haben sich in den Reigen der Zuhörer eingereiht.

Kapitel 1: Der junge Johannes

Morgel erzählt: »Es war einmal ein Menschenkind, es hieß Johannes. Der Junge wohnte mit seinen Eltern am Fuße eines Berges, auf dem eine Wallburg thronte. Die Familie lebte zusammen mit Bauern, Leinewebern, allerlei Handwerksleuten und einem Bader, welcher altersbedingt nicht mehr umherreisen konnte, in friedlicher Nachbarschaft. Die kleine Siedlung nannte sich Waltherishusin und lag nicht weit entfernt vom Komstkochsteich, mitten im Wald.«

»Das muss doch gleich hier um die Ecke sein«, ruft Dinco dazwischen.
»Genau, mein Lieber«, gibt Morgel ihm recht. »Heute steht dort anstatt der Wallburg das Schloss Tenneberg und aus der kleinen Siedlung ist der bezaubernde Ort Waltershausen erwachsen.«
»Erzähl weiter«, spricht Molli.

»Die Menschen im Jahre 1044 waren rechtschaffen und gottgefällig. Sie konnten weder lesen, rechnen, noch schreiben. Deren Leben war von schwerer Arbeit, Armut, Hunger, Krankheit und Furcht vor Plünderungen und Gewalt geprägt gewesen.

Die aus Stroh und Lehm gebauten Hütten waren kärglich und drohten nahezu bei jedem Sturm einzufallen. Sie dienten den Leuten nicht nur zum Wohnen, sondern auch als Stallung für das Vieh und als Lagerraum für Feldfrüchte und Futtermittel.

Wegen der hohen Abgaben, die sie stets leisten mussten, blieb vom Ertrag für die Bewohner nicht viel übrig. Das Wenige tauschten die Nachbarn untereinander oder sie boten es auf dem alten Handelsweg, der im Tal hindurchführte, feil. Hin und wieder trugen manche ihre Waren zum neuen Wochenmarkt, welcher jedoch weit entfernt lag.

Die Eintreiber des neuen Landgrafen, bis an die Zähne bewaffnete Halunken, listige Landstreicher und geächtete Raubrittersleute, die sich zu dieser Zeit in der Wallburg eingenistet hatten, waren unerbittlich. Sie rissen alles, was nicht niet- und nagelfest war, an sich, plünderten und brandschatzten.
Man erzählte sich zu dieser Zeit auch, dass der Landgraf einen Geheimbund mit einem mächtigen Alchemisten und Zauberer, namens Dracabas, geschmiedet haben soll. Dieser unterhielt wohl, so raunte man, ein Laboratorium in den Katakomben unter der Burg und hantierte mit fremdländischen Tränken und Tinkturen herum. Niemand in der Siedlung bekam ihn damals je zu Gesicht, doch es sollen merkwürdige und unerklärliche Dinge passiert sein.

Eines Tages kam es, dass Bruno, der hiesige Töpfermeister, wegen seines verletzten Beines nicht selbst zum Wochenmarkt wandern konnte, um die frisch gebrannten Amphoren, Tonkrüge und Schüsseln zu verkaufen. Stattdessen blieb ihm notgedrungen nichts anderes übrig, als seinen Sohn Johannes auf die weite Reise zuschicken.

Es war noch dunkel, als der Junge sich in aller Frühe aufmachte, um zum Wochenmarkt zu wandern. Zuvor musste er allerdings, wie an jedem anderen Tag auch, seine morgendlichen Arbeiten verrichten. So hatte Johannes seine geliebten Hasen, die Hühner und den Ziegenbock, zu füttern und die Kuh Beth obendrein zu melken. Holzscheite zum Heizen und Kochen mussten herangeschafft werden und eimerweise Wasser, um all die Krüge und Futtertröge aufzufüllen.

Der Dreizehnjährige war unter den Bewohnern des Örtchens für seine Liebe zu den Tieren und für seine unermessliche Hilfsbereitschaft bestens bekannt. Johannes half, wo immer er konnte, und stand dem alten Bader oft zur Seite. Seit einiger Zeit waren ihm von so manchen Leuten heilende Kräfte nachgesagt worden, da er bei dem einen oder anderen Verletzungen oder Krankheiten heilte. Das lag sicher daran, dass Johannes beim Blaubeerpflücken, Kräuter und Pilze sammeln, des Öfteren mal mit einer im Wald lebenden Kräuterhexe sowie mit einer buckligen Wanderapothekerin zusammentraf und diese ihn in die Geheimnisse der Heilpflanzen und Pilze einweihten. Auch brachten sie ihm ein wenig Lesen, Schreiben und Rechnen bei …«

Fortsetzung im Buch: Morgelgeschichten, Band 2 oder im gleichnamigen E-Book oder im Einzel-E-Book.

Weitere Kapitel:

  • Kapitel 2: Johannes auf Wanderschaft
  • Kapitel 3: Johannes seltsame Begegnung

Wie Munk mit seiner neuen Aufgabe klarkommt, wer wirklich seine Vorfahren waren, welche Rolle die Waldfee dabei spielt und wie er den Halunken auf der Wallburg Beine macht, erfährst Du in der nächsten Geschichte, die sicher irgendwann einmal auch für Dich erzählt wird. Bleib voller Neugier!

Die Geschichte geht weiter in „Morgel und Reginas wundersame Geheimnisse“.

Morgelgeschichte 13 - Morgel und das Geheimnis des Töpfersjungen